Inglourious Basterds (2024)

Inglourious Basterds (1)

Vergangene Woche war für mich besonders schwer. Massenweise musste ich im Internet positive bis euphorische Rezensionen über Quentin Tarantinos jüngstes Werk lesen doch erst gestern konnte ich selbst in den Genuss von Inglourious Basterds kommen. Die Erwartungen waren durch die durchwegs guten Meinungen nochmals ordentlich nach oben geschraubt worden, aber ich wurde dann auch nicht enttäusch,t sondern (man glaubt es kaum) sogar überrascht. In der Regel interessieren mich die diversen Film-Awards nicht sonderlich. Allerdings muss ich an erster Stelle Christoph Waltz hervorheben, der in Cannes zu Recht als bester Schauspieler gekürt wurde. Eine phänomenale Performance, die der Österreicher da als smarter SS-Standartenführer Hans Landa erbringt. Wie immer versteht es Tarantino seine Crew perfekt einzusetzen, die Rollenverteilung könnte nicht gelungener sein wie ich finde. Sogar ein ansonsten von mir verschmähter Til Schweiger schaffte es als durchgeknallter Nazijäger Hugo Stiglitz mich zum Lachen zu bringen. Ein weiteres Beispiel für Tarantinos Fingerspitzengefühl ist auch Kommissar RexGedeon Burkhard. Hätte mir jemand vor einem Jahr gesagt, er würde einen Part in Tarantinos Film bekommen, hätte ich es wohl nur mit kopfschütteln erwidert.

Die Angst, Tarantino würde lediglich ein Remake vom verdächtig gleich klingenden Inglorious Bastards oder nur einen platten „Killing Nazis“-Streifen drehen, nimmt uns das Ausnahmetalent gleich mit der ersten Szene, die – genauso wie der restliche Film – musikalisch phantastisch unterlegt ist; spätestens bei Ennio Morricones La Resa läuft es einem kalt über den Rücken. Oft habe ich diese Tage gelesen, dass Tarantino einen Kriegsfilm im Italo-Western-Kostüm abgelichtet hat. Die Anfangssequenz bestätigt diese Aussagen durchaus und über die Laufzeit verteilt blitzt hier und da sein Faible für dieses Genre immer wieder auf, aber wie immer extrahiert er lediglich die für ihn wichtigen Elemente, mixt diese mit anderen Material gekonnt und serviert uns den so heißbegehrten Quentin-Shake. Was an dieser Stelle vielleicht wie ein Vorwurf klingt, soll eigentlich ganz im Gegenteil meine Bewunderung ausdrücken.
Inglourious Basterds unterscheidet sich nämlich in vielerlei Hinsicht von Tarantinos anderen Filmen. Öfters wurde gesagt der neue Streifen sei „deutscher“, als sich ihn wohl viele erwartet hatten. Dem kann ich nur bedingt zustimmen, zumal es ja wenig Sinn macht einem Kunstwerk eine Nationalität zu verpassen: gut dazu passt hier ja die Diskussion in der Taverne zwischen Bridget von Hammersmarck (Diane Kruger, die vermutlich schwächste Besetzung im Film) und den besoffenen deutschen Soldaten.

Natürlich gibt es viele Anspielungen die beispielsweise ein Amerikaner nur schwer verstehen wird, doch ich würde auch nicht Kill Bill als asiatischen Film brandmarken, sondern vielmehr als Tribut und als Ansp*rn die vielen Unbekannten zu recherchieren und zu beleuchten. In diesem Punkt unterscheidet sich sein letzter Geniestreich also nicht von den anderen Werken und auch bei den Basterds kommen keine heroischen Figuren vor, sondern ganz nach Q.T.-Manier bekommen wir ein zwar charismatisches und sympathisches Ensemble an Charakteren geboten, aber im Endeffekt gibt es nur Antihelden, die wenn man so will gangsterhaft wirken. Im Gegensatz zu anderen WWII-Filmen geht hier Tarantino also völlig andere Wege, vor allem weil seine Nazijäger, die Basterds, wie ein Haufen blutrünstiger Holzhacker wirken, weniger wie die ansonsten so tapferen und nach Menschenrechten lechzenden Alliierten.

Angeführt von Aldo Raine (Brad Pitt) metzelt sich die (jüdisch-deutsch-amerikanische) Truppe nämlich im von Nazis besetzten Frankreich durch und hinterlässt dabei eine – optisch durchaus brutal umgesetzte – Blutspur. Der Autor und Regisseur versucht allerdings in keinster Weise, einen Realitätsanspruch zu behaupten, sondern macht im grande finale nochmals eindeutig klar, dass es sich hier um eine rein fiktive Story handelt, die vielleicht höchstens einer Wunschvorstellung gleicht in der auf eine durchaus poetische Weise die Crème de la Crème der Nationalsozialisten im Pariser Kino abgefackelt wird. Tarantinos vielleicht naive Metapher, dass die Nazis durch das Cinema La Gamaar umgebracht werden, hat dennoch etwas Romantisches an sich, und die Idee erinnerte mich irgendwie an Tornatores Cinema Paradiso.

Die Initiatorin dieses Massakers, Shosanna (Mélanie Laurent), eine jüdische Französin, deren Familie von Landa umgebracht wurde, überzeugte mich dabei übrigens mit ihrem kalten und eleganten Schauspiel. Ihr Gespräch bei Strudel und Kaffee fand ich den besten Dialog überhaupt. Hier blüht Waltz vollends auf und Tarantino serviert seinem Publikum wieder die Wortwechsel die einen ausflippen lassen und die man seit Pulp Fictionals sein Markenzeichen bezeichnen könnte.

Mit den ebenfalls obligatorische schwarzen Humor wird auch nicht gegeizt, es gibt viele Untertitel zu lesen und alles im allem kommt wenig Action vor, sondern der Dialog dominiert. Trotzdem war der bunt durchgemischte und rappelvolle Kinosaal hin und weg. In Zeiten, in denen rasante und hirnlose Actioner oder 08/15-Horrorstreifen den Mainstream beherrschen war ich dann doch überrascht dass die Leute so positiv reagierten.
Die Gerüchte, Eli Roth, der übrigens den Part des „Bärenjuden“ im Film übernahm, werde einen Streifen über den deutschen Scharfschützen Fredrick Zoller (gespielt von Daniel Brühl, der hier wie die Faust aufs Auge passt) drehen, lässt die Herzen der Fans natürlich höher schlagen, ich selbst bin da allerdings sehr skeptisch, denn eigentlich halte ich nicht sehr viel von Roth als Filmemacher.

Resümierend kann ich den Film also uneingeschränkt empfehlen und jeden Cineasten aber auch Otto-Normalverbraucher ans Herz legen. Um nochmals meine Verwunderung Ausdruck zu verleihen: selbst die aknebefallenen Sechszehnjährigen „Gangster“, die hinter mir saßen, konnten sich nicht dem Bann von Inglourious Basterds entziehen und spätestens, als Christoph Waltz seine Monsterpfeife auspackt,e gaben sie das Popcornschmeißen auf und ließen sich überwältigen. Wer den Streifen also auf der großen Leinwand verpasst, ist selbst Schuld. Wenn sich die Möglichkeit ergibt, werde ich mir den Film bestimmt noch mal im O-Ton oder wenigstens in italienischer Sprache anschauen. Die Trailer lassen vermuten, dass bei Letzterem die Synchronisation etwas besser gelungen ist als die deutsche, was übrigens nicht heißen soll, dass diese schlecht ist.

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Gewohnte Kost mit viel schwarzen Humor von Quentin Tarantino der auch hier nicht mit Anspielungen und Zitate spart die sich querbeet durch die Filmgeschichte ziehen.

9

von 10

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